Afrikanische Schweinepest erstmals in Hessen nachgewiesen

03.07.2024
In Hessen wurde bei inzwischen neun Wildschweinen ASP nachgewiesen. Es gelten Einschränkungen für landwirtschaftliche Betriebe in der Restriktionszone. Schweinehalter sollten jetzt besonders auf die Biosicherheitsmaßnahmen achten.
Wildschwein
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Maßnahmen laufen – Restriktionszone eingerichtet

Update zum Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP): Die Zahl der positiv auf das Virus getesteten Wildschweine hat sich gestern auf neun erhöht. Wie das Landwirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte, wurde der Erreger bei zwei weiteren Kadavern vom Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) nachgewiesen. Die Bestätigungsuntersuchung durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, steht aktuell noch aus. Die Restriktionszone umfasst nun auch Teile von Darmstadt und der Bergstraße.

Nachdem im Landkreis Groß-Gerau am 15. Juni erstmals in Hessen ein Wildschwein positiv auf die Afrikanische Schweinepest (ASP) getestet wurde, ist der Erreger jetzt bei insgesamt neun toten Wildschweinen nachgewiesen worden. Dies teilte das hessische Landwirtschaftsministerium mit. Sieben der infizierten Tiere wurden innerhalb der 7.300 Hektar umfassenden sogenannte Kernzone im Landkreis Groß-Gerau gefunden. Dort war das erste infizierte Wildschwein südlich von Rüsselsheim entdeckt worden. Rund 500 Meter vom Erstfund entfernt wurden nun weitere infizierte Tiere gefunden. Die zwei neu entdeckten Kadaver wurden südlich der bisher entdeckten Tiere bei Riedstadt-Leeheim gefunden, wodurch die Restriktionszone ausgeweitet wird.

Die hessischen Behörden arbeiten in der Krise eng mit den Experten vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zusammen, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Da es keine Impfung gibt, ist diese unheilbare und meist tödliche Krankheit für Haus- und Wildschweine höchst gefährlich. Für andere Tiere oder gar den Menschen besteht keine Gefahr.

Oberstes Ziel ist es, die Tierseuche auf ein möglichst kleines Gebiet einzudämmen und zu verhindern, dass diese sich weiter ausbreiten kann oder auf Hausschweinbestände übertritt. Um den Fundort herum wurde in einem Radius von zirka 15 Kilometern eine sogenannte Restriktionszone eingerichtet. Darauf haben sich alle beteiligten Stellen verständigt. Kreise, die in diesem Radius liegen, haben Allgemeinverfügungen herausgegeben, die unter anderem das Verbringen von Schweinen und deren Haltung, sowie den Umgang mit tierischen Produkten und das Ausbringungen von Gülle regeln. Ein generelles Jagdverbot in der besagten Zone soll dazu führen, Wildschweine nicht aufzuschrecken. Die Suche nach möglichen Kadavern im Umkreis der Fundstelle läuft weiter auf Hochtouren.

Die neue Zone umfasst nun auch Teile der Stadt Darmstadt und des Kreises Bergstraße. Bislang waren bereits die Kreise Groß-Gerau, Offenbach-Land und Darmstadt-Dieburg sowie der Main-Taunus-Kreis und die Städte Frankfurt am Main und Wiesbaden von der Restriktionszone betroffen. Nach dem neuen Fund sind damit auch die südlichen Teile des Kreises Groß-Gerau mit Gernsheim und Biebesheim sowie die komplette Fläche Stockstadts in dieser Zone. Der Kreis Groß-Gerau ist jetzt vollständig in der sogenannten Restriktionszone.  

Die oberste Landesbehörde in Rheinland-Pfalz wurde informiert, auch mit den zuständigen Bundesbehörden steht das hessische Landwirtschaftsministerium im engen Austausch. Die von der Restriktionszone betroffenen Veterinärbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte organisieren aktuell die Suche, Beprobung, Bergung und Entsorgung von Fallwild und in diesem Zusammenhang die Einrichtung von Kadaversammelplätzen. Die Krisenstrukturen der betroffenen Kreise wurden aktiviert und in vielen Kreisen wurden Bürgertelefone eingerichtet. Das epidemiologische Expertenteam des Friedrich-Loeffler-Instituts unterstützt die Veterinärbehörde des Landkreises Groß-Gerau vor Ort.

Insgesamt wurden mittlerweile 75 tote Wildschweine beprobt. Stand jetzt sind insgesamt sieben positive Proben, ein Teil der Kadaver liegt leider schon mindestens 6-8 Wochen. Weitere Ergebnisse stehen noch aus. Die Kadaversuche mit Suchhundeteams und Drohnen läuft auf Hochtouren. 

Im September 2020 war der erste ASP-Fall bei einem Wildschwein in Deutschland bestätigt worden – in Brandenburg. Mit den jetzt bestätigten Fällen im Kreis Groß-Gerau hat das Virus erstmals auch das Land Hessen erreicht.

 

Einschränkungen für landwirtschaftliche Betriebe in der Restriktionszone erlassen

In der Restriktionszone in Hessen mit einem Radius von etwa 15km gelten neben dem vorübergehenden Jagdverbot für alle Tierarten auch Einschränkungen für die Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen (außer Weinbau, Mais bis 1m Wuchshöhe und Sonderkulturen), um ein Versprengen der Wildschweine zu vermeiden. Sondergenehmigungen sind auf Antrag möglich. Für Hunde besteht Leinenpflicht. Gras, Heu und Stroh, das in der infizierten Zone gewonnen worden ist, darf nicht zur Verfütterung an oder als Einstreu oder Beschäftigungsmaterial für Schweine verwendet werden, sofern es nicht mindestens sechs Monate vor der Festlegung der Infizierten Zone gewonnen worden ist, vor der Verwendung mindestens für sechs Monate vor Wildschweinen sicher geschützt gelagert oder für mindestens 30 Minuten einer Hitzebehandlung bei mindestens 70° C unterzogen wurde. Getreide muss vor dem Einsatz im Schweinstall mindesten 30 Tage wildschweinsicher gelagert werden. Wenn das Erntegut sicher nicht im Schweinestall eingesetzt wird, gilt keine besondere Lagerdauer. Genaue Hinweise zur Ernte geben die Allgemeinverfügungen der jeweiligen Landkreise (Links siehe unten) sowie in den FAQs (oben links im Downloadbereich), die das Landwirtschaftsministerium herausgegeben hat. 

Beim Hessischen Bauernverband wird mit Unterstützung des Landesjagdverbandes Hessen die Vermittlung von Drohnenpiloten an Landwirte in der Restriktionszone koordiniert. Weitere Informationen und Anfragen bitte unter Drohnen-ASP@HessischerBauernverband.de.

 

Was müssen die Schweinehalter in den betroffenen Gebieten und außerhalb jetzt tun?

Schweinehalter müssen nun unter anderem unverzüglich an die Kreise und kreisfreien Städte die Anzahl ihrer gehaltenen Schweine, Nutzungsart sowie deren genauen Standort melden. Weiterhin wenn Tiere erkranken. Es sind besondere Hygienemaßnahmen einzuhalten. Es gilt ein Verbringungsverbot für Schweine, deren Embryonen, Samen oder Stammzellen. Schweinefleischerzeugnisse aus der infizierten Zone dürfen nicht in andere Mitgliedstaaten der EU oder Drittländer verbracht werden. Frisches Fleisch und Fleischerzeugnisse von Betrieben aus der infizierten Zone dürfen nur innerhalb der Zone verbracht werden.

Alle hessischen Schweinehalter sind jetzt aufgefordert, ihre Betriebe auf die richtigen Biosicherheitsmaßnahmen zu überprüfen, um einen Eintrag in den eigenen Bestand zu verhindern. Als Hilfestellung könne die ASP-Risikoampeln (konventionell und für Offenstallhaltungen) genutzt werden. Sie wurden von der Universität Vechta entwickelt und dienen der eigenen Überprüfung (keine Weiterleitung an Behörden, ersetzt nicht die behördliche Kontrolle). Aus diesem Grund ist eine ehrliche Beantwortung der Fragen entscheidend, um auch wirklich Schwachstellen im eigenen Betrieb und somit ein erhöhtes Risiko des ASP-Eintrages zu identifizieren.  
Link zu den Risikoampeln >>


Schweinehaltungen mit Offenställen oder Freilandhaltung in der aktuellen Restriktionszone müssen besondere Hygienemaßnahmen zur Verhinderung der ASP-Einschleppung einhalten. Es empfiehlt sich generell für Betriebe mit Freiland- und Offenstallhaltung Kontakt mit den zuständigen Behörden aufzunehmen, um nötige Maßnahmen für den Seuchenfall abzustimmen. 
Schweine aus dem Restriktionsgebiet dürfen nach behördlicher Freigabe nur auf einer von der EU dafür benannten Schlachtstätte geschlachtet werden. Derzeit befindet sich in Hessen keine derart zugelassene Schlachtstätte. Um dies zeitnah zu ändern werden aktuell verschiedene Wege hierzu geprüft.

Grundsätzlich sollten sich landwirtschaftliche Betriebe und Schweinehalter bei allen Fragen und für Sondergenehmigungen für Ente und Bewirtschaftung an ihre zuständige Veterinärbehörde wenden. Auf der Homepage des Hessischen Landwirtschaftsministeriums werden ab sofort alle Informationen zum aktuellen ASP-Ausbruch bereitgestellt.

Umgang mit Indikatorschweinen in ASP-freien Gebieten

Das HMLU hat über den Umgang mit Indikatorschweinen in ASP-freien Gebieten informiert. Ziel ist es, einen möglichen Seucheneintrag früh zu erkennen. Daher ist es wichtig, dass alle Indikatorschweine beprobt werden. Als Indikatorschweine gelten tot aufgefundene Wildschweine, Unfallwildschweine und kranke Wildschweine.

Weitere Details entnehmen Sie bitte dem Schreiben des HMLU.

Hintergrund

ASP ist eine anzeigepflichtige Tierseuche von der Haus- und Wildschweine betroffen sind. Eine Übertragung kann durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Kadavern, die Aufnahme von kontaminierten Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen bzw. -zubereitungen sowie indirekte Übertragungswege durch Fahrzeuge, kontaminierte Ausrüstungsgegenstände, Geräte, Maschinen und Kleidung erfolgen. Der Kontakt mit dem Blut infizierter Schweine ist der effizienteste Übertragungsweg. Nach einer Infektion entwickeln die Tiere sehr schwere, aber unspezifische Allgemeinsymptome, mit zumeist tödlichem Verlauf.

ASP ist keine Zoonose, also zwischen Tier und Mensch übertragbare Infektionskrankheit und daher für den Menschen ungefährlich. Auch für andere Haus- und Nutztierarten ist die Afrikanische Schweinepest ungefährlich. Eine Übertragung auf den Menschen ist nicht möglich, auch der Verzehr von möglicherweise kontaminiertem Fleisch stellt keine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar.

Bisher beschränkte sich das Vorkommen der ASP bei Wildschweinen in Deutschland auf Sachsen und Brandenburg entlang der Grenze zu Polen. Durch wirksame Maßnahmen in den betroffenen Gebieten sowie einem Zaun an der Grenze zu Polen konnte die weitere Ausbreitung der ASP Richtung Westen bisher begrenzt werden.
Erstmals kam es im Juli 2021 zu einem Eintrag der ASP bei Hausschweinen. Seitdem gab es insgesamt Ausbrüche bei Hausschweinen in Brandenburg, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern.

(Quelle: FLI)