Der Hessische Bauernverband zeigt sich alarmiert über die Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) von Ende November zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme in Wiesbaden. Diese Entscheidungen sind ein alarmierendes Signal für den sorglosen Umgang mit den begrenzten landwirtschaftlichen Flächen.
Der VGH hat grünes Licht für eine städtebauliche Maßnahme gegeben, die sich über etwa 450 Hektar erstreckt. Gegen diese Entscheidung hatten ein Umweltverband sowie mehrere Eigentümer, insbesondere Landwirte, den VGH angerufen. Durch das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme verlieren die Landwirte nicht nur ihre wertvollen Nutzflächen, sondern sind auch gezwungen, diese zu Verkehrswerten abzugeben. Im Gegenzug verkauft die Gemeinde die Flächen nach ihrer Erschließung zu einem vielfachen Preis als Bauland. Die daraus resultierenden Gewinne finanzieren die „Entwicklungsmaßnahmen“.
Diese Vorgehensweise ist symptomatisch für ein vielschichtiges Problem: den unaufhaltsamen Flächenverbrauch. Die Umwandlung von landwirtschaftlichen Flächen in Baugebiete schränkt nicht nur die landwirtschaftliche Produktion ein, sondern gefährdet auch die natürliche Landschaft und das ökologische Gleichgewicht.
Der Verlust von Agrarflächen zugunsten von Bauprojekten fördert die Versiegelung von Böden, was langfristig gravierende negative Auswirkungen auf die Umwelt und die lokale Landwirtschaft mit sich bringt. Die Entscheidungen konterkarieren das Ziel des Landes Hessen bis 2040 eine Netto-Neuversiegelung von 0 ha zu erreichen.
Hintergrund zum Flächenverbrauch
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland täglich im Durchschnitt 55 Hektar (rund 78 Fußballfelder) für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen in Anspruch genommen. Der größte Teil dieses Flächenverbrauchs entfiel auf den Bau von Wohnhäusern, Industriegebieten und öffentliche Einrichtungen. Während der Flächenverbrauch bis 2019 zurückgegangen ist, steigt er seit 2020 wieder an.
In Hessen gehen für Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur 2020 am Tag 2,63 Hektar verloren.
Die Bundesregierung hat in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel formuliert, den täglichen Flächenverbrauch bis 2030 auf unter 30 Hektar zu reduzieren. Bis zum Jahr 2050 soll in Deutschland eine Kreislaufwirtschaft für Flächen etabliert werden, sodass netto keine Flächen mehr für Siedlungs- und Verkehrszwecke genutzt werden.
Hessen hat sich das Ziel gesetzt schon bis 2040 eine Netto-Neuversiegelung von 0 ha zu erreichen.
Fast 50 Prozent des Flächenverbrauchs führen zu einer umweltschädlichen Bodenversiegelung, die den Boden undurchlässig für Niederschläge macht. Dies verhindert, dass Wasser bei Starkregenereignissen aufgenommen werden kann.
Durch die Vermeidung von Flächenverbrauch bleibt die Fähigkeit des Bodens erhalten, Treibhausgase zu binden und als Senke zu fungieren. Eine Begrenzung des Flächenverbrauchs sichert weiterhin die Erzeugung von Nahrungsmittel im Inland und erhält die Biodiversität.