"In den meisten Landesteilen sind wir von der Vollblüte noch weit entfernt. Sie wird etwa zwei bis drei Wochen später einsetzen als im vergangenen Jahr. Im Mai werden zunehmend leuchtend gelb blühende Felder wieder unsere Kulturlandschaft bereichern.“ Das betonte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, am Montag (3. Mai) im Rahmen eines Pressegesprächs auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Kopp in Bad Homburg/Ober-Erlenbach (Hochtaunuskreis). Frostschäden in Form von Frostrissen an Stängeln der Rapspflanzen hielten sich Gott sei Dank in Grenzen. Die trockene Witterung habe für eine schnelle Wundheilung gesorgt. Mögliche Schäden an Knospen und Blütenanlagen könnten jetzt noch nicht abschließend beurteilt werden. Nachdem die Rapsanbaufläche in Hessen zur Ernte 2019 um die Hälfte geschrumpft war, sei sie 2020 wieder auf 45.400 Hektar angestiegen. „Das ist erfreulich, denn der Raps ist eine wertvolle Kulturpflanze, deren Leistungen Bienen, Verbrauchern und Landwirten zu Gute kommen“, so Schmal. Raps habe einen hohen Vorfruchtwert und gelte als Gesundungsfrucht in getreidereichen Fruchtfolgen. Die Rapspflanzen bedeckten elf Monate den Boden. Das schütze vor Erosionen und Nährstoffauswaschungen. Von einem Hektar Raps (10.000 m²) könnten im Durchschnitt 40 kg oder 80 Gläser Rapshonig gewonnen werden.
Gentechnikfreies, heimisches Eiweißfutter
Aus dem Durchschnittsertrag von einem Hektar Raps, das seien etwa 4.000 Kilogramm, könnten in Ölmühlen rund 1.600 Liter Rapsöl oder Biodiesel und aus dem Pressrückstand 2.400 Kilogramm Rapsschrot hergestellt werden. „Rapsschrot ist ein gentechnikfreies Eiweißfutter aus heimischer Erzeugung. Es wird hauptsächlich an Rinder, aber auch an Schweine und Geflügel, verfüttert und ersetzt so Sojaschrotimporte aus Südamerika in erheblichem Umfang“, hob Schmal hervor. Somit schütze der Rapsanbau in Deutschland auch das Weltklima, weil Regenwälder erhalten blieben.
Schmal bedauerte, dass der in deutschen Ölmühlen in der ersten Saisonhälfte 2020/21 verarbeitende Raps nur noch etwa ein Drittel aus dem Inland stammte. In den Jahren 2013 bis 2016 lag dieser Anteil noch bei rund 60 Prozent. „Gesunkene Anbauflächen und Hektarerträge sind die Hauptursachen. Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Die steigende Abhängigkeit von Importen gefährdet unsere Versorgungssicherheit“, warnte Schmal. Sehr erfreulich sei der deutliche Anstieg der Rapserzeugerpreise. Die starke Nachfrage nach Rapsöl und das begrenzte Rapsangebot im In- und Ausland sorgten für einen weiteren Preisauftrieb. Außerdem habe die Beimischung von Biokraftstoffen zu Dieselkraftstoff mit drei Millionen Tonnen 2020 ein Rekordniveau seit Einführung der Quotenregelung im Jahr 2007 erreicht.
Beachtlicher Beitrag zum Klimaschutz
Über eine gesetzlich vorgeschriebene Treibhausgasminderungsquote werden dem fossilen Dieselkraftstoff in Deutschland bis zu sieben Volumenprozent Biodiesel beigemischt. Das ist ressourcenschonend und verringert den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen im Verkehrssektor.
Bei der Herstellung und Verwendung von Biodiesel entstehen im Vergleich zu fossilem Dieselkraftstoff etwa 68 Prozent weniger Treibhausgase. „So können rapsölbasierte Kraftstoffe einen beachtlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Erfüllung der ambitionierten Klimaschutzziele in Deutschland und der EU leisten. Denn bis die Elektromobilität und Wasserstofftechnologien hierzulande stärker verbreitet sind, werden noch einige Jahre ins Land gehen“, so die Einschätzung von Präsident Schmal.
Neben Biodiesel und gentechnikfreies heimisches Tierfutter, ist Rapsspeiseöl in Deutschlands Küchen sehr beliebt. Es hat mit rund 40 Prozent den mit Abstand höchsten Marktanteil. Es folgen Sonnenblumenöl und Olivenöl auf den Plätzen zwei und drei.
Rapsvermarktung und Klimaschutz
„Die hessischen Bauern leisten mit dem Rapsanbau einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Mit Hilfe der Sonnenenergie nimmt der Raps beim Wachstum auf dem Feld CO2 auf und speichert es in der Pflanze“, betonte Ernst Winfried Döhne, Vorsitzender der Hessischen Erzeugerorganisation für Raps, die für 1.200 Landwirte etwa ein Fünftel der hessischen Rapsernte gemeinsam vermarktet.
Auf der Mitgliedsfläche von 8.000 Hektar seien im Juli 2020 cirka 32.000 Tonnen Rapssamen geerntet worden. Die Erzeugerorganisation bündele die Rapsmengen der Landwirte und trete mit dieser großen Menge über das ganze Jahr verteilt als Verkäufer am Markt auf. Der Raps werde direkt vom Landwirt (etwa ein Drittel der Menge) oder über Lagerstandorte in der Region (ein Drittel) per Lkw zu Ölmühlen in Mannheim, Neuss, Hamm und Salzgitter sowie in den Verladehafen nach Hanau geliefert.
„In den Ölmühlen wird diese Rapsmenge zu 14.000 Tonnen Rapsöl und 17.000 Tonnen Rapsschrot-Eiweißfutter verarbeitet. Zwei Drittel des Rapsöls werden in einer Frankfurter Produktionsstätte zu Biodiesel verarbeitet, das andere Drittel wird als hochwertiges Speiseöl genutzt. Das Biodiesel aus Frankfurt wird an Tanklager im Rhein-Main-Gebiet verkauft und landet so als B7 an den Tankstellen. B7 bedeutet, dass sieben Prozent Biodiesel als erneuerbarer und nachhaltiger Kraftstoff Mineraldiesel beigemischt wurden.
„Die ganze Herstellungskette vom Anbau auf dem Acker über Erfassung, Transport, Ölmühle und Biodieselherstellung wird von einer Zertifizierungsstelle nach dem Standard REDcert-EU überprüft und die Nachhaltigkeit bescheinigt“, so Döhne.
Hessische Rapsblütenkönigin in Sozialen Medien aktiv
Die Hessische Rapsblütenkönigin Theresa I., seit einem Jahr im Amt, bedauerte, dass der Dialog mit Verbrauchern, Politik und Landwirten coronabedingt kaum stattfinde. Deshalb nutze sie die Sozialen Medien, wie Facebook und Instagram, um sich mit vielen Akteuren zu vernetzen. „Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, allgemeine Informationen zu Raps zu geben und auch darauf einzugehen, was unsere heimischen Landwirte bewegt, um so auch ein allgemeines Verständnis bei Verbrauchern für die Landwirtschaft und Politik zu festigen“, betonte Theresa I.
Neben einigen Interviews mit Zeitungen und Radiosendern habe sie mit Abstand und Maske regionale Hofläden besucht und auch einen Online-Rapsfeldtag begleitet. In nächster Zeit stehe noch ein Besuch einer Ölmühle auf dem Terminplan und ein Treffen mit einer Herstellerin von Rapskörnerkissen.
Landwirt Volker Goy, der die Flächen des Betriebes der Familie Kopp im Rahmen eines Bewirtschaftungsvertrags übergangsweise bewirtschaftet, sagte, dass er den Winterraps im vergangenen Jahr Ende August ausgesät habe. Er ist zuversichtlich, dass die Bestände den durch den viel zu kalten April verursachten Wachstumsrückstand aufholen werden. Während die Frostrisse gut verheilt seien, könnten Spätfröste während der Blüte noch Probleme bereiten. „Man weiß nicht, was noch kommt“, so der erfahrene Landwirtschaftsmeister.